„Ich habe derzeit nicht den Anspruch, politisch etwas bewegen zu können“

Der Spitzenkandidat der PARTEI im schriftlichen Kurzinterview über Europas Probleme, seine politischen Ambitionen und die Frage, ob man ihn allen Ernstes wählen sollte.

VON LUCIUS MALTZAN

Die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative, kurz PARTEI, ist der politische Arm des Satiremagazins Titanic. Ihr Größter Vorsitzender aller Zeiten und Spitzenkandidat Martin Sonneborn musste nach der Europawahl 2014 zu seiner eigenen Überraschung nach Brüssel umziehen, um sich dort als fraktionsloser Abgeordneter zu verdingen und einige Parlamentsausschüsse aufzumischen. In diesem Jahr schmücken die Kandidatenliste der PARTEI illustre Namen wie Göbbels, Eichmann und Heß – demente CDU-Wähler könnten darauf hereinfallen. Er lässt viele Grüße aus Europa bestellen.

Herr Sonneborn, wie geht es Europa?

Wirtschaftlich sehr, sehr gut. Wir sind unfassbar reich und schotten uns gegen die Armen der Welt ab. Allerdings ist der Reichtum ungleich verteilt, die Armutsquote liegt laut Eurostat seit 20 Jahren konstant zwischen 22 und 24 Prozent.

Bei der letzten Wahl forderten Sie: Ja zu Europa, Nein zu Europa. Haben Sie sich inzwischen entschieden?

Klares JA. Wenn Sie die EU meinen, ein Superprojekt. Nur leider mit den falschen Leuten besetzt, in allen drei Institutionen haben Konservative das Sagen. Das führt dazu, dass fast ausnahmslos im Sinne der Wirtschaft und der Finanzindustrie agiert wird.

Der deutsche Ingenieur Herman Sörgel ersann in den 1930er-Jahren das Atlantropa-Projekt: Die partielle Trockenlegung des Mittelmeers sollte die Landmassen von Italien und Nordafrika verbinden und mittels eines gewaltigen Staudamms in der Straße von Gibraltar umweltfreundlich Strom erzeugen. Das würde drei der größten Probleme der Menschheit auf einmal lösen: Das Flüchtlingssterben im Mittelmeer, die ökologisch verantwortungslose Energieerzeugung und die Existenz Hollands (weil die erhöhte Verdrängung den Meeresspiegel in der Nordsee ansteigen ließe). Warum findet sich das nicht in Ihrem Wahlprogramm?

Haben wir vergessen. Aber das Flüchtlingssterben im Mittelmeer ist ja kein Problem für die EU. Es wird gar nicht thematisiert.

Die größte italienische Partei wurde von einem Komiker gegründet, der neue ukrainische Präsident ist Kabarettist und in Österreich regiert Basti Kurz. Wann dürfen wir mit Ihrer Machtergreifung rechnen?

Wir arbeiten dran. Merkel haben wir bald geschafft. Und dann werden wir eine feine illiberale Demokratie aufziehen, so wie in Polen, Ungarn und Österreich. Die deutschen Kollegen von Armin Wolf (österreichischer Fernsehmoderator, d. Red.) können sich beruflich schon mal neu erfinden.

Und was werden Sie konkret politisch bewegen?

Ich habe derzeit nicht den Anspruch, politisch etwas bewegen zu können. Sobald wir unser Wahlziel – 50 % plus X – erreicht haben, wird sich das ändern. Wir haben übrigens eine EU-Liste mit 123 Leuten aufgestellt, bei 96 deutschen Mandaten. Da sehen Sie, wie optimistisch wir in die Wahl gehen.

Welche Vorteile hat das Dasein als fraktionsloser Abgeordneter, der keinen Ruf zu verlieren hat?

Ich muss mich nicht nach jeder Rede, in der ich den Irren vom Bosporus kritisiere oder den Ausschluss Irlands aus der EU fordere, vor Fraktionskollegen rechtfertigen.

Ist das politische Geschehen in Brüssel die bessere Satire?

Nein.

Einen Versuch war’s wert. Aber jetzt mal im Ernst: Sollte man Sie tatsächlich wählen?

Natürlich nicht. Es sei denn, Sie finden keine andere Partei, die Sie guten Gewissens wählen können. Wir gelten als Protestwahlmöglichkeit für intelligente Wähler.