€ wie €uropa

VON JULIA DÜR

Meine einzige Erinnerung an Lire, D-Mark und Schilling sind ihr unermesslicher Wert als Spielgeld. Mein erstes Taschengeld waren zehn Euro und das Croissant beim Bäcker kostete schon in der Grundschule 80 Cent. Wie kam es zu dieser Währung?

Zuallererst: Wieso heißt der Euro eigentlich Euro?

€ beginnt mit E wie Europa.

€ erinnert an den griechischen Buchstaben Epsilon und spiegelt somit die Wiege Europas wider.

€ stellt mit den zwei parallelen Linien die Stabilität der Währung dar.  

Der Euro wurde nicht an einem Tag geschaffen

Der Wille zum gemeinsamen Währungsraum war nicht nur von der Abschaffung von Wechselkursen und vereinfachten Preisvergleichen getrieben, sondern war auch ein wichtiger Integrationsschritt in der Geschichte der europäischen Einheit. Hinter dem Euro steckt mehr als nur eine Währung, hinter dem Euro steckt eine politische Vision. (Kritiker bemängeln, hinter dem Euro stecke vor allem eine politische Vision und weniger eine Währung.) Mit der Einführung des Euros ersetzten viele Mitgliedstaaten ihre nationalen Währungen und gaben die geldpolitische Verantwortung an eine supranationale Institution – die Europäische Zentralbank (EZB) – ab.

Beginnen wir am Anfang der 1970er Jahre. Internationale Währungsunruhen wie die steigende Inflation, die Dollarkrise und der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems prägen die wirtschaftliche Landschaft. Das instabile internationale Währungssystem fleht nach gemeinsamen Rahmenbedingungen. Die ersten Bemühungen um eine gemeinsame Wirtschaftsgemeinschaft im europäischen Raum verstärken sich.

Das Bretton-Woods-System regelte Währungsbeziehungen zwischen verschiedenen Nationen von 1944 bis 1973.

Durch einen steigenden Welthandel war die Nachfrage nach Dollar-Währungsreserven gestiegen, die nur durch Leistungsbilanzüberschüsse gegenüber den USA erwirtschaftet werden konnten. Da ausländische Investoren daran interessiert waren, Währungsreserven anzulegen, war die USA als Reservewährungsland nicht unter Zugzwang, Leistungsbilanzüberschüsse zu generieren. Jedoch verloren ausländische Investoren das Vertrauen in den Dollar aufgrund der ständigen US-Leistungsbilanzdefizite, die seit der Einführung des Bretton-Woods-Systems vorherrschten (nicht zuletzt spielte auch der Vietnamkrieg eine Rolle). Dadurch hätten die USA in einem theoretischen Szenario, wenn alle Mitglieder des Systems ihre Geldeinlagen auflösen hätten wollen, dem nicht vollständig nachkommen können, weil die Dollarbestände der ausländischen Zentralbanken die amerikanischen Goldreserven überstiegen. Als Folge der Dollarkrise in den 1970er-Jahren zerbrach das System und die Wechselkurse vieler nationaler Währungen, die bis zu dem Zeitpunkt fest bestimmt waren, wurden freigegeben.

Am anderen Ende der Welt drehten die arabischen Erdölexporteure dem Westen den Ölhahn zu und das schwarze Gold wurde teurer. Öl wurde als Druckmittel verwendet, um die meist pro-israelisch eingestellten Staaten des Westens anzuhalten, im Jom-Kippur-Krieg Ägyptens und Syriens gegen Israel die Position der arabischen Staaten zu stärken. Durch diese Maßnahme flachte auch der Aufschwung der Nachkriegswirtschaft ab und endete in einer Rezession. An all diesen internationalen Unsicherheitsfaktoren scheiterte der erste Versuch einer Gründung einer Wirtschafts- und Währungsunion.

Der Jom-Kippur-Krieg war ein 20-tägiger Krieg, der von Ägypten, Syrien und anderen arabischen Staaten gegen Israel geführt wurde.

Der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt und der französische Präsident Valérie Giscard d’Estaing wagen später einen neuen Versuch und erreichen das Europäische Währungssystem (EWS). Der EU-Kommissionspräsident, Jacques Delors, verfasst den dreiteiligen Bericht über die Gestaltung der Wirtschafts- und Währungsunion, der dann nach ihm benannt wird.

Und der Euro erblickte das Licht der Welt? Nein, noch nicht. Aber sein Vorgänger wurde eingeführt. Das Ziel, ein stabiles Währungsgebiet zu schaffen, war schon lange vor dem Euro geboren. Unter anderem wurde eine Europäische Währungseinheit  geschaffen (European Currency Unit, ECU). Eine Rechnungseinheit, deren Wert sich aus einer Mischung europäischer Währungen ergab. Ein Wechselkursmechanismus, der feste aber anpassungsfähige Wechselkurse zwischen den einzelnen nationalen Währungen vorsah, sollte bereits 1979 zwischen neun Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für Stabilität sorgen.

Von Delors nach Maastricht

Unzählige Versionen werden entworfen bis 1993 der Gründungsvertrag der EU in Kraft tritt. Diesmal nicht nach einem Politiker, sondern nach dem Unterzeichnungsort Maastricht benannt. Herzstück dieses Vertrags waren die Bestimmungen für eine gemeinsame europaweite Wirtschafts- und Währungsunion, die spätestens 1999 den Euro als Buchgeld einführen muss. Der Vertrag von Maastricht legte nicht nur die Grundlage für den Euro, sondern forderte ebenfalls die Unabhängigkeit der EZB und ihre Verpflichtungen bezüglich der Preisstabilität ein. Weitere Kernstücke waren eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und vertiefte Zusammenarbeit in der Justiz und inneren Angelegenheiten.

Als Buchgeld versteht man „unsichtbares“ Geld, das nur für Verrechnung und elektronische Zahlungen verwendet wird. Es steht im Gegensatz zum Bargeld, das 2002 folgte.

Die Teilnahme am gemeinsamen Währungsgebiet war jedoch nicht selbstverständlich. Erfüllten Länder bestimmte Kriterien, sogenannte Konvergenzkriterien, wie zum Beispiel keinen zu hohen staatlichen Schuldenstand und keine zu stark schwankenden Wechselkurse, durften sie beitreten. Am 1. Jänner 2002 führten zwölf Nationen den Euro als gemeinsame Währung ein. In den folgenden Jahren kamen sechs weitere hinzu, sodass 2019 bereits in 19 Nationen 340 Millionen Personen stolze Besitzer von Euroscheinen sind. Rund 60 Länder weltweit verwenden den Euro (auch manche, die keine Mitglieder der Eurozone sind, wie zum Beispiel Montenegro) oder haben ihre Währung an den Euro gebunden.

TARGET & TARGET 2, SEPA, SWIFT – Wie bitte?

Ein kleiner Überblick über Zahlungsmechanismen, von denen jeder von uns tagtäglich profitiert, ohne sie jemals zu bemerken.

Seit der Einführung des Euros existiert das TARGET-System mit dem Ziel, grenzüberschreitende Geldüberweisungen innerhalb der Währungsunion zu vereinfachen.

TARGET ist eine Abkürzung und steht für Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer, übersetzt heißt das Transeuropäische automatische Echtzeit-Brutto-Express-Abwicklung.

2007 wurde dieses System von TARGET2 abgelöst, das Euro-Überweisungen zwischen und in Zentralbanken in Echtzeit bearbeitet und endgültig abwickelt. Wenn zum Beispiel eine grenzüberschreitende Überweisung von Deutschland nach Österreich abgewickelt wird, dann ist nicht nur die Bundesbank, sondern auch die Österreichische Nationalbank (OeNB) involviert. Zuerst belastet die zuständige deutsche Geschäftsbank des deutschen Käufers, z.B. die Commerzbank, dessen Konto. Sie reicht dann eine Überweisung an eine in Österreich ansässige Geschäftsbank des österreichischen Verkäufers, z.B. die Raiffeisenbank, in TARGET2 ein. Die Bundesbank belastet das TARGET2-Konto der Commerzbank bei ihr und verbucht eine Verbindlichkeit gegenüber der OeNB. Die OeNB wiederum verbucht eine Forderung gegenüber der Bundesbank und schreibt den Betrag dem TARGET2-Konto der Raiffeisenbank gut. Schlussendlich verbucht diese den Geldeingang auf dem Konto des österreichischen Verkäufers. Am Ende jeden Tages werden alle Verbindlichkeiten und Forderungen zusammengefasst, sodass nur noch eine einzige Forderung oder Verbindlichkeit der nationalen Zentralbank gegenüber der Europäischen Zentralbank besteht.

Ein weiterer Begriff, den man öfters hört, ist SEPA (Single Euro Payments Area). SEPA ist dafür zuständig, alle bargeldlosen Eurozahlungen in ganz Europa, inklusive in Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz oder Monaco, zu harmonisieren. Das heißt, alle Konsumenten, Geschäfte oder öffentliche Institutionen können bargeldlose Geldtransaktionen wie Kreditkartentransaktionen und Kartenzahlungen zu denselben Konditionen durchführen und erhalten. Die EU hat somit erreicht, transnationale Überweisungen soweit zu vereinfachen als wären sie nationale. Das ermöglicht ebenfalls schnellere, einfachere und billigere grenzüberschreitende Zahlungen. Es macht für dich also keinen Unterschied, ob du eine Überweisung von Schweden nach Frankreich oder innerhalb Schweden tätigst.  
Oft wird bei Überweisungen nach dem sogenannten SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) gefragt. SWIFT ist, wie die Abkürzung schon sagt, eine Genossenschaft im Besitz der Banken, die dem EU-Recht unterworfen ist. Dabei leitet diese nicht nur Transaktionen zwischen Banken, Börsen und anderen Finanzinstituten weiter, sondern sorgt auf für die nötige Sicherheit des Zahlungsverkehrs.