Geld,
Geld,
Geld

VON BERTRAM RANFTL

Ein Saal voller Journalisten. Mit Spannung erwartet alle Welt, ob Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), den Leitzins im Euroraum anhebt. Doch warum interessiert das überhaupt irgendwen? Was hat es mit Leitzinsen, Zentralbanken und Geld überhaupt auf sich? Wie kommt das Geld in die Welt?

Geld, Geld, Geld. Macht nicht glücklich, beruhigt nur die Nerven. Doch man muss es schon besitzen um’s zum Fenster raus zu werfen.

Falco

Die bankenkritische Bewegung Occupy behauptet, dass Banken diejenigen seien, die in unserem Wirtschaftssystem Geld erzeugen. Private Unternehmen, die nicht demokratisch kontrolliert würden, sind Schöpfer unseres Geldes. Das sei gefährlich, so Occupy.

Occupy hat Recht. Wenn auch vielleicht weniger mit der Wertung als mit der Erklärung. Für die Erzeugung des Großteils unserer Geldmenge sind tatsächlich Banken wie die Commerzbank oder die Raiffeisenbank verantwortlich. Zwar können die Banken kein Bargeld erzeugen – das dürfen per Gesetz nur die Europäische Zentralbank (EZB) und die nationalen Notenbanken (wie z.B. die Deutsche Bundesbank oder die Österreichische Nationalbank) – aber aber sie dürfen „elektronisches“ Geld, in der Fachsprache sogenanntes Giralgeld, schöpfen.

Die Hüterin des Euros. EU-Institution, die ein Mandat bekommen hat, um Preisstabilität zu gewährleisten.

Diese Art von Geld entspricht unseren Einlagen, also unseren „Kontoständen“ bei der Bank. Dieses Giralgeld ist zwar technisch gesehen nur eine Forderung auf „echtes“ Geld, nämlich Bargeld. Dadurch, dass aber alle diese Forderung als wäre sie Geld akzeptieren, wird das Giralgeld sozusagen zu „echtem“ Geld.

Wie schaffen Banken also dieses elektronische Geld? Indem sie Kredite vergeben. Geld wird in unserem Zeitalter genau dann geschaffen, wenn bei einer Bank ein Kredit gewährt wird oder bereits bestehende Werte (Wertpapiere, Devisen, Gold oder Grundstücke) durch eine Bank erworben werden. Es werden also Schulden oder bestehende Werte gegen frisch geschöpftes Geld getauscht.

Angenommen, ein Kunde nimmt bei einer Bank einen Kredit in Höhe von 100.000 Euro auf.

Bilanz der Bank

Gegenüberstellung von Verwendung und Herkunft der Mittel in einem Unternehmen. Die Aktivseite (linke Seite) der Bilanz geht, vereinfacht gesagt, der Frage „Was ist da?“, die Passivseite (rechte Seite) der Frage „Wem gehört das?“ nach.

AktivaPassiva
Kredit +100.000Einlagen +100.000

Bilanz des Kunden

AktivaPassiva
Einlagen +100.000Kredit +100.000

Es wird gleichzeitig mit der Entstehung des Kredits auf der Aktivseite der Bankbilanz eine neue Einlage, und damit neues Geld, geschaffen, das auf der Passivseite der Bankbilanz zu finden ist. Für den Kreditnehmer verhält es sich genau umgekehrt. Er verfügt über 100.000 Euro mehr (sichtbar auf seiner Aktivseite), allerdings schuldet er diesen Betrag der Bank. Diesen Vorgang nennt man in der Fachsprache „Bilanzverlängerung“. Wenn der Kunde den Kredit tilgt, dann findet dieser Vorgang gleich, aber mit umgedrehten Vorzeichen statt. Das zurückbezahlte Geld wird also „vernichtet“.

Warum wollen Banken, dass wir unser Geld zu ihnen bringen und ein Konto unterhalten?

Bei der Beantwortung dieser Frage müssen wir zwischen dem Bankensystem als solches und einer einzelnen Bank unterscheiden. Dem gesamten Bankensektor wäre es tatsächlich egal, ob wir ein Konto unterhalten oder unser Geld „unter dem Kopfpolster verstecken“. Nicht aber der einzelnen Bank: Würden beispielsweise Konten bei der Commerzbank aufgelöst und das Geld auf neu angelegte Konten bei der Raiffeisenbank einbezahlt, so entstünde eine Schuld seitens der Commerzbank der Raiffeisenbank gegenüber. Diese Schuld kann jedoch nicht einfach mit neu geschöpften Geld beglichen werden, da Banken für Zahlungen untereinander nur Zentralbankgeld (die Reserven) akzeptieren. Dieses Zentralbankgeld muss sich die Bank erstmal beschaffen, wofür sie einen Zins (den Leitzins) entrichten muss. Ist der Leitzins hoch, kostet es die Bank mehr, sich nötiges Zentralbankgeld zu beschaffen. Das drückt ihre Profitabilität. Ab einem gewissen Punkt wird sie aufhören, neue Kredite zu vergeben. Deswegen ist der Leitzins relevant, da die Zentralbank so einen Einfluss auf die Geldschöpfungstätigkeit der Banken hat und somit auf die Menge an Geld, die in der Wirtschaft zirkuliert. Eine Bank versucht demnach, einen möglichst hohen Marktanteil zu erreichen, da der Bedarf an Reserven somit sinkt und die Profitabilität steigt. Der Zins, den wir von unserer Bank ausbezahlt bekommen, wenn wir Geld auf unserem Konto lagern, ist ein Anreiz, der uns hindern soll, unser Konto aufzulösen und mit unserem Ersparten zu einer anderen Bank zu gehen.

Angenommen, eine Bank hat einen Marktanteil von 20 Prozent. Tätigt ein durchschnittlicher Kunde eine Überweisung in Höhe von EUR 100, so wandern durchschnittlich 80 Prozent des Auftragsvolumens, also EUR 80, auf Konten anderer Banken. Diese EUR 80 muss die Bank, wie oben besprochen, in Form von Reserven an andere Banken überweisen.

Gäbe es nur eine Bank am Markt, so wäre ihr Bedarf an Reserven verschwindend gering, da sie im Falle einer Überweisung einfach das Konto des einen Kunden um denselben Betrag belasten könnte, um den sie das Konto eines anderen Kunden bereichert. Es würde kein Geld aus der Bank „hinausfließen“ (abgesehen von behobenen Bareinlagen), ergo kein Bedarf an Zentralbankgeld bestehen. Zusätzlich müsste sie keinen Zins an ihre Kunden zahlen als Anreiz, ein Konto bei ihr zu unterhalten. Der Wettbewerb unter den Geschäftsbanken ist also essentiell, um Interessen verschiedenster Marktteilnehmer möglichst effizient auf einen Nenner zu bringen. So sinken Kreditkosten und Transaktionsspesen, während auf der anderen Seite Sparzinsen und andere Boni steigen.

Welche Mittel bleiben der öffentlichen Hand, um diese Prozesse zu kontrollieren?

Damit Geschäftsbanken ihr Privileg, Geld zu schöpfen, nicht missbrauchen, gibt es eine Reihe von gesetzlichen und aus wirtschaftlichen Interessen resultierenden Gesetzmäßigkeiten, mit denen die öffentliche Hand ihre Kontrollfunktion über das Geldsystem ausüben kann.

Die wesentliche wirtschaftliche Begebenheit, die sich die Zentralbank zunutze macht, um das Geldsystem zu regulieren, ist der Bedarf der Geschäftsbanken an von der Zentralbank erzeugtem Geld. Dieser Bedarf ist zwei Gründen geschuldet: Steigt nämlich die Geldschöpfung der Banken, so steigt auch der Bedarf an Bargeld, da durchschnittlich ein gewisser Prozentsatz der Geldmenge in Form von Banknoten abgehoben wird (fast jeder verwendet ein bisschen Bargeld). Außerdem regeln Banken ihren Zahlungsverkehr untereinander mithilfe von Reserven (indem sie ihrerseits Reserve-Konten bei der Zentralbank unterhalten). Mit einer erhöhten Geldmenge steigt also auch die Nachfrage nach Zentralbankgeld, da größere Beträge von Bankkunden auf die bei anderen Banken unterhaltenen Konten fließen. Die Nachfrage nach Reserven führt also zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit des Bankensektors gegenüber der Zentralbank. Letztere kann entscheiden, zu welchen Konditionen sie die Reserven zur Verfügung stellt. Ist dieser Zins (Leitzins) hoch, wird Geldschöpfung im Rahmen von Kreditvergabe für die Banken weniger rentabel.

Zum Anderen gibt es eine Reihe gesetzlicher Vorschriften, an die sich Banken im Rahmen des Geldschöpfungsprozess halten müssen. Dazu zählt beispielsweise, dass sie zur Zeit im Euroraum ein Prozent des erzeugten Buchgeldes in Form einer sogenannten Mindestreserve auf einem Konto bei der Zentralbank halten müssen. Für je 100 von Banken erzeugte Euros, muss also ein von der Zentralbank geschöpfter Euro hinterlegt werden. Außerdem müssen sich Banken an andere bindende Richtlinien halten, die in Europa in den Basel-III Vorschriften geregelt sind. Diese reglementieren die Eigenkapitalbasis und stellen Anforderungen in Sachen Liquidität.

Fähigkeit, seinen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachkommen zu können.

Der öffentlichen Hand stehen also eine Reihe von Mitteln zur Verfügung, um den Geldschöpfungsprozess zu regulieren.

Geld kommt in den Wirtschaftskreislauf

Wenden wir uns nun, nachdem wir (hoffentlich) verstanden haben, wie Geld entsteht, der Bedeutung desselben im Wirtschaftskreislauf zu. Ausgangssituation ist folgende: Ein Kunde nimmt sich einen Kredit bei einer Bank. Er hat nun drei Möglichkeiten, dieses Geld zu verwenden:

  1. Produktive Verwendung: „Investiert“ der Bankkunde, beispielsweise in ein Unternehmen, spricht man von einer produktiven Verwendung. Konkret würde der Kredit für die Finanzierung von Innovationen oder neuem Personal herangezogen werden, um einer in Zukunft erhöhten Nachfrage entgegenzukommen. Das zusätzlich in Umlauf befindliche Geld bewirkt somit sowohl eine Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage (weil einer konstanten Anzahl an Wirtschaftsteilnehmern mehr Geld zur Verfügung steht) als auch eine Steigerung des Angebots (mehr Arbeiter ausgestattet mit effizienteren Maschinen produzieren bzw. leisten mehr). Diese Art der Geldverwendung führt zu Wirtschaftswachstum.
  2. Konsum: Verwendet der Bankkunde den Kredit, um bereits existierende Güter und Dienstleistungen zu bezahlen, erhöht sich damit die Geldmenge. Das führt zu einer erhöhten Nachfrage bei stagnierendem Angebot und somit zu Inflation, also einer Geldentwertung. Diese Geldentwertung ist jedoch nicht per se negativ zu sehen, da eine Steigerung der Nachfrage ein Signal an Unternehmen sendet, ihr Angebot auszuweiten, was, wie oben erörtert, insgesamt zu Wirtschaftswachstum führt. Gerät dieses Maß an Inflation jedoch aus den Fugen, destabilisiert sich eine Volkswirtschaft in einer Preisaufwärtsspirale. Geld, das heute noch mehr wert ist als morgen, wird schnellstens ausgegeben: die Inflation wird immer mehr angeheizt. Unternehmen kommen mit der Produktion nicht schnell genug nach. Die Wirtschaft, sollte nicht rechtzeitig genügend interveniert werden, kommt zum Erliegen. Beispiele aus Venezuela oder der Zwischenkriegszeit in vielen Teilen Europas, in denen Hyperinflation herrschte, sind uns bekannt. Auch Länder mit einer signifikant niedrigeren, aber doch erhöhten Inflation, beispielsweise Argentinien oder die Türkei, haben dadurch wirtschaftliche Probleme. Im Euroraum gelten zwei Prozent gemeinhin als Inflationsziel. Unumstritten ist dieser Wert nicht, irgendwie hat man sich aber darauf geeinigt.
  3. Inflation auf den Finanzmärkten: Neu geschaffenes Geld kann ebenso verwendet werden, um damit bereits ausgegebene Wertpapiere oder Immobilien zu kaufen. Das führt zu einer entsprechenden Preissteigerung auf den Immobilien- und Finanzmärkten. Das ist wieder per se nicht negativ zu sehen, da Preis und Wert im Sinne der Markteffizienz langfristig miteinander korrelieren, es also durchaus im volkswirtschaftlichen Sinne nützlich sein kann, neues Geld für den Erwerb von Immobilien bzw. Wertpapieren zu verwenden. Dennoch kann die unproduktive Verwendung von geschöpftem Geld an den Finanzmärkten desaströse Folgen haben, die ganze Volkswirtschaften in eine Rezession (Rückgang der Konjunktur) stürzen können. Beispiele hierfür, von der Tulpenzwiebelblase im Holland des 17. Jahrhunderts, dem Börsencrash im Jahr 1929 bis zur Finanzkrise 2008, gab es in älterer und jüngerer Vergangenheit viele.

Der Staat kann auf die Art der Geldverwendung Einfluss nehmen: Finanztransaktions-, Grund-, und Kapitalertragsteuern haben Einfluss auf die Attraktivität, Wertpapiere und Immobilien zu besitzen.

In der Praxis sind alle drei Phänomene gleichzeitig zu beobachten, mit unterschiedlicher Konstellation in ihrem Verhältnis zueinander. In der Zwischenkriegszeit beispielsweise dominierte die unproduktive Verwendung von Geld in Form von Konsum – zu beobachten bei der Hyperinflation im Jahr 1923 – in der Nachkriegszeit die produktive Verwendung von Geld (Wirtschaftswunder), Ende der 1990er-Jahre erlebten wir einen Börsenboom. Wichtig zu bemerken ist, dass keine der drei Auswirkungen alleine zwingend aus dem Geldschöpfungsprozess resultieren. Geldschöpfung kann diese oder jene Auswirkung haben, unabhängig davon aber welche dominiert, kann es ohne Geldschöpfung keine der Auswirkungen langfristig geben. Geldschöpfung ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Wachstum, Inflation oder Spekulation. Wachstumserwartungen, Konsumfreudigkeit und andere psychologische Effekte spielen ebenso eine Rolle.

Warum ist Geldschöpfung für Wachstum nötig?

Ein intuitiver Schluss legt nahe: Kommt kein neu geschöpftes Geld in den Umlauf einer Volkswirtschaft, so kann nur ausgegeben werden, was vorher eingenommen wurde. Wird deshalb mehr Geld investiert, dann muss zwangsläufig weniger konsumiert werden und umgekehrt. Theoretisch könnte man Wachstum auch in einem Umfeld mit konstanter Geldmenge erzielen. Hierzu müsste der Geldwert steigen, sprich eine Absenkung des Preisniveaus stattfinden. In der Praxis haben wir aber gesehen, dass ein solch deflationäres Umfeld nur einhergeht mit einer Rezession (Rückgang der Konjunktur).

Deflation bedeutet Geldaufwertung. Was vermeintlich gut klingt, wird von Ökonomen gefürchtet. Weil Geld morgen mehr wert ist als heute, wird es gespart und nicht ausgegeben. Unternehmen erleiden Umsatzeinbußen, während ihre Schulden real aufwerten. Mitarbeiter verlieren ihre Jobs, die Konsumnachfrage sinkt weiter und die Wirtschaft dreht sich, sollte nicht genügend durch Staat oder Zentralbank interveniert werden, in einer Abwärtsspirale nach unten. Beispiele dafür gibt es in der Geschichte genügend: Die USA in den 1930er Jahren zur Zeit der „Great Depression“, Japan in den 1990er-Jahren („Das verlorene Jahrzehnt“) oder Argentinien um die Jahrtausendwende.

Der Rolle von Geldschöpfung im Rahmen der Ausdehnung gesamtwirtschaftlicher Aktivität kann nicht genügend Bedeutung beigemessen werden. Auch zwei der berühmtesten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, John Maynard Keynes und Joseph Schumpeter, betonen in ihren Arbeiten vielfach den Konnex zwischen Geldschöpfung und Wirtschaftswachstum.

So schreibt Keynes: „Mehr Investitionen gehen immer mit mehr Ersparnissen einher, letztere können ersteren aber niemals vorangehen. […..] Zusätzliche Bankkredite sind keine Alternative, die zu mehr Ersparnissen führen, sondern eine notwendige Vorbereitung dafür. Sie sind die Mutter und nicht der Zwilling von mehr Ersparnissen.“

Auch Schumpeter unterstreicht die Bedeutung der Geldschöpfung im Wachstumsprozess: „Kredit ist wesentlich Kaufkraftschaffung […], nicht aber einfach Überlassung von vorhandener Kaufkraft“

Beide Ökonomen sind sich einig, dass ein Modell einer stationären Wirtschaft (konstante Geldmenge) nicht zu Wachstum führen kann, sondern Geld im Vorgriff auf zu schaffende Werte (Güter, Dienstleistungen) erzeugt werden muss, damit eine Ausdehnung wirtschaftlicher Aktivität stattfinden kann.

Die Abschaffung der 500-Euro-Banknote

„Der 500-Euro-Schein ist ein Instrument für illegale Aktivitäten“, sagte Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank. Wäre diese Banknote aus dem Verkehr gezogen, so hätten es Kriminelle schwieriger, ihre Transaktionen vorbei an den gefürchteten Argusaugen des Fiskus abzuwickeln, so argumentiert Draghi.

Kritiker sehen in seinem Vorstoß vor allem ein Mittel, um die Negativzinspolitik der EZB zu ermöglichen. Das erklärt sich wie folgt: Wenn der Leitzins negativ ist, muss die Bank dafür bezahlen, dass sie ihre Reserven digital bei der Zentralbank bunkert. Je weiter der Zins ins Negative rutscht, desto teurer wird die Haltung von Reserven in digitaler Form bei der Zentralbank. Was der Bank übrig bleibt, ist die physische Haltung von Reserven, also Bargeld. Das kostet allerdings auch etwas, da das Bargeld erst einmal sicher verwahrt werden muss, was teuer ist (Tresorkosten). Wird der 500er nun abgeschafft, wird die Bargeldhaltung für die Bank noch teurer, da sie größere Mengen an kleineren Scheinen horten muss. Das ermöglicht es der Zentralbank, den Leitzins weiter ins Negative zu senken, da es den Banken nun trotzdem billiger kommt, bei der EZB in digitaler Form ihr Geld zu halten, als in Form von 200-Euro-Banknoten mit höheren Tresorkosten.

Klingt fürs Erste nach einem Problem, das sich Banken untereinander ausschnapsen müssen. Doch es trifft in weiterer Folge auch den Konsumenten: Ist die Geldhaltung für die Bank nämlich unrentabel, gibt sie die Kosten in weiterer Folge an den Kunden weiter. Negative Realzinsen für Bankguthaben waren bis jetzt zwar die Ausnahme, sind aber schon vorgekommen.

Momentaner Stand ist, dass der 500er seit 26.04.2019 nicht mehr ausgegeben wird, jedoch seinen Wert auf unbestimmte Zeit behält. Auch ist eine weitere Absenkung des Zinsniveaus nicht unmittelbar absehbar, da die Inflation tendenziell eher steigt als sinkt. Spätestens aber während der nächsten Rezession dürfte diese Thematik wieder an Brisanz gewinnen, da Zentralbanken generell das Zinsniveau im Zuge einer schwachen Konjunktur herabsetzen, um so zusätzliche Nachfrage zu stimulieren.

Was interessiert mich die Marie?

Marie = Geld (Österreichisch)

Auch wenn die Erkenntnis, dass Geld nicht einfach so da ist weder Einfluss auf deine persönliche finanzielle Situation noch auf deine Wahlentscheidung haben wird, so wirst du mit diesem Wissen doch einiges anfangen können. Slogans wie „Kaputt sparen“ machen auf einmal Sinn, andere („Man kann nicht mehr ausgeben als einnehmen“) weniger. Der 500-Euro-Schein dient nicht nur Kriminellen in der Abwicklung ihrer Geschäfte. Staatsschulden sind nicht mehr per se schlecht. Auch die Hintergründe der Problematik finanzieller Exzesse erscheinen nachvollziehbar. Hysterische Schlagzeilen, etwa wenn die Bild-Zeitung die Euro-Krise erklärt, können als offensichtlich schlecht recherchiert enttarnt werden. In jedem zweiten Zeitungsartikel, in fast jeder Debatte stolpert man über Begriffe wie Rezession oder Deflation. Wirtschaftspolitik ist kein Feld, in dem allein Akademiker Deutungshoheit genießen. Jeder, der hier ein kleines Einmaleins im Repertoire hat, ist gewappnet, eifrig mitzureden.